von Gähler, Peter Elias BREV TIL: Niebuhr, Carsten FRA: von Gähler, Peter Elias (1762-05-08)

28. v. Gähler til Niebuhr 8. Maj 1762. (Efter Kopi).
Constantinopel d. 8ten May 1762

Lesen und behalten Sie diesen Brief für Sich allein.

Ausser meinem an die gesamte Geselschaft und vermittelst des Anschlusses an Ew. Wohlgeb. Hrn. Professor Forskål und Hrn. Baurenfeind gemeinschaftl. abgelassenen Zuschriften, mus ich noch ins besondere an Sie mich wenden. Sie sehen, dass die vorgeschlagene Trennung keinen Geschmack gefunden, dass viel mehr die Fortsezung der Reise der ganzen Geselschaft ohne weiteren Verzug angetreten werden sol, und demnach Ihnen allen nichts mehr übrig ist, als diesem Befehl die baldmöglichst schuldigste Unterwerffung zu leisten.

Die Ursache die Gründe sind beweglichst, und wie starck die Gemüther bis hierzu möchten erhizt gewesen seyn, wil ich doch hoffen, dass ein jeder die durchaus unabwendliche Nohtwendigkeit der beständigen Verbindung der Geselschaft fühlen und pflichtmässig betrachten werde.

Ich mus Ew. Wohlgeb. überdem im Vertrauen sagen dass die von denenselben auf den eräugnenden Fal geäusserte Besorgung einer von Ihnen vorzunehmenden alzu heftigen Ahndung eben s. 144keinen so üblen Eindruck gemacht, als Sie Sich vorstellen mögen. Vielmehr hat man solche, auf meiner von Dero Carakter geschehene Vorstellung, als eine in ehrliebenden Gemüthern nicht seltene Lebhaftigkeit angesehen, und in der Hofnung, dass Sie solche niemahl zu dem anscheinlichen Ausbruch werden kommen lassen, daraus gefolgert dass Sie vielleicht am besten vermögend seyn dürften, durch Dero Zureden und Ermahnungen diese Gemüther wo nicht so gleich gänzlich zu besänftigen dennoch zu einem gesittettern und freundlichern Umgang zu bewegen.

Zu dem Ende müssen Ew. Wohlgeb. wann Sie auf der einen Seite den Jachzorn Hr. von Haven betrachten, auf der andern sich die nicht ganz natürliche und ich mag wohl sagen verstellte Mässigung Hr. Forskål etwas in Erwegung ziehen und Sich vor allem hüten diesem durchgehends Recht zu geben, vielmehr und ohne das Vertrauen des leztern zu verliehren, bestmöglichst trachten, auch die Zuversicht des erstem zu gewinnen, mit hin auf gut Deutsch den Mantel auf beide Schultern zu tragen.

Ich gestehe dass dieses Verhalten Ew. Wohlgeb viele Mühe und eine beständige Aufmerksamkeit dürfte verursachen, allein Sie können auch auf mein Wort versichert seyn, dass es Ihnen viele Ehre und Verdienste machen wird.

Um Gottes und Ihrer eigenen Wohlfahrt willen lassen Sie Sichs auf alle Ahrt und Weise angelegen seyn.

Was Sie von der bewusten Arzeney gedacht und besorgt, beruht auf nichts als der blossen Einbildung und einem Missverstand, glauben Sie mir und leben Sie desfals ausser Furcht. Die Welt ist nicht völlig so böse als man vermuthet. Ein mehres wil und kan ich darüber nicht sagen.

Ich erbitte mir die so viel thunliche Fortsezung Dero mir stets angenehmen Briefwechsels, allein ich wiederhole es, solte wieder allem Vermuhten meinem Anrahten, und meinem Wünschen, mehrmals auf die Trenung des einen oder des andern bestanden werden, so müste ich mich durchaus mit der näheren, und allefals unmittelbahr hohem Ohrts einzusendenden Vorstellung verschonet sehen. Diesen einzigen Punkt aus benommen, bin ich jederzeit zu allen zu Dero und der übrigen Hrns. Wohl und Vergnügen gereichenden Diensten so willig als bereit.

Ich umarme Sie von Herzen, und verbleibe zeitlebens mit wahrer Hochachtung und Freundschaft

[von Gähler].