Forchhammer, Johan Georg BREV TIL: Berzelius, Jöns Jacob FRA: Forchhammer, Johan Georg (1835-03-14)

3.

Hochwohlgeborner Herr Professor

Gewiss wiirde ich die Antwort auf Ihren freundlichen Brief nicht so lange ausgesetst haben, wenn nicht derselbe zuerst während unserer Sommerferien eingetroffen wäre, wo ich auf geognostische Excursionen abwesend war; späterhin aber wiinschte ich meine fortgesetzten Untersuchungen iiber die Zersetzung des Feldspaths zu einer gewissen Vollendung zu bringen ehe ich Ihnen davon Rechenschaft ablegte.

Erlauben Sie also erst, dass ich iiber das Mineral, welches ich Örsted in genannt habe einiges anfiihre, welches Sie gewiss auch iiberzeugen wird, dass es nicht Pyrochlor sein kann. Das hiessige Universitets Museum ist in Besitz ausgezeichneter Pyrochlorkrystalle, sowohl von Ural als von Arendal, beide in regelmässigen Octaeder krystallisirt. Das neue Mineral hat 4 verschiedene Qvadratoctaeder, eine 8-seitige Pyramide, 2 4-seitige Prismen, sein specifisches Gewicht ist nur 3,629. Die Härte zwi- 1* s. 4schen Apatit und Feldspath. Ein Drittel seiner Bestandteile ist zusammengesetzt nach der folgenden Formel5)

**???**

die übrigen ⅔ sind Titansäure und Zirkonerde vielleicht vereinigt mit ändern ähnlichen Erdarten.

Nicht ganz befriedigt mit den Resultaten meiner früheren Untersuchung über die Porcellanerden, habe ich dieselben wieder vorgenommen und erweitert6). Die Methode ist die folgende, schlämmen, trocknen, glühen zur Bestimmung des Wassergehalts, Einkochen der geglühten Masse mit Schwefelsäure, Bestimmung von Thonerde, Eisenoxyd, Kalk, Magnesia und Kali. — Kochen der ausgelaugten Masse mit kohlens. Natron zur Scheidung von Kieselerde, die in chemischer Verbindung war, von dem Sande; Behandeln des Rückstandes mit Salzsäure, und nach dem Auswaschen wieder mit kohlens. Natron.

Der Thon von Halle, St. Yrieux, Bornholm, Schneeberg, Seilitz, der sogenannte erdige Lenzinit7) von Kall und der Schmeltztiegelthon von Gross-Almerode, trotz Wurzers8) gänzlich abweichender Resultate, bestehen aus Sand und einem Mineral zusammengesetzt nach der Formel

**???**

(nicht wie meine früheren Analysen gegeben hatten

**???**

Die reinste dieser Thonarten ist die von Schneeberg die nur etwa 6 °/o eingemengte Kieselerde enthällt. Ziehen wir Al3 Si4 von 3 Atomen Kalifeldspath, so bleibt K3 Si8 welches wenn meine Theorie über die Bildung des Thons richtig ist eine auflössliche Verbindung sein müsste. Da mir keine genaue Untersuchung des Wasserglases und der in Wasser unauflösslichen kieselsäuren Kalisalze bekannt war, so unternahm ich diese. Ich lösste chemisch ausgeschiedene Kieselerde in einem Überschuss von kaustischer Kalilauge auf, setzte so viel Weingeist s. 5hierzu, dass etwa 30 % in der Auflössung war, und liess stehen, es setze sich eine ölartige Flüssigkeit ab, von der ich den Weingeist abgoss, sie wieder in Wasser auflösste und abermals durch Weingeist fällte. Dies war eine Auflössung von Ka3 Si4. Ich schmolz Wasserglas nach Fuchs’ Vorschrift, pulverisirte fein, wusch mehrere Male mit kaltem Wasser, lösste in kochendem Wasser auf fällte durch Weingeist, wusch mit schwachem Weingeist aus und kochte nun mit Wasser. Das Salz in der Auflösung ist K3 Si8 und die kieselreichste von allen auflösslichen Verbindungen der Kieselsäure und Kali. Wenn der Niederschlag des Wasserglasses durch Weingeist mit Weingeist ausgewaschen wird, so lösst sich immerfort Kali auf, und die Wirkung wird erst sehr schwach, wenn die Zusammensetzung des zurückbleibenden sich Ka3 Si16 nähert. Ka3 Si16 wird durch Wasser in Wasserglas Ka3 Si8, und das unauflössliche Ka Si12 getrennt. Der Niederschlag endlich der sich aus einer concentrirten Auflösung von Kieselerde in kohlensaurem Kali ausscheidet, ist Ka Si16. So dass die Sauerstofmenge in den verschiedenen mir bekannten kieselsauren Kalisalzen sich wie 2 : 4 : 8 : 16 : 36 : 48 verhält — Das Natron-Wasserglas fand ich Na Si2, der Niederschlag aus einer Auflösung von Kieselerde in kohlensaures Natron Na Si24. Natron Wasserglas durch Weingeist gefällt lösst sich vollständig in Wasser auf. Kali Wasserglas dagegen niemals.

Überzeugt durch die geognostische Untersuchung mehrerer Porcellanlager, dass so bedeutende und so scharf begränzte Lager nicht das Resultat einer einfachen Einwirkung der Atmosphære sein können, suchte ich in den Dämpfen des heissen Wassers die Ursache jener Zersetzung des Feldtspaths. Ich brachte Orthoclas-Pulver in einen kupfernen mit Messing gelötheten Apparat, worin ich dem Wasser eine beliebige Hitze und seinen Dämpfen eine beliebige Spannung geben konnte. Wasser welches mit s. 6Feldspath einer Hitze von 125 °C ausgesetzt worden war reagirte äusserst schwach alkalisch, und die Wirkung wurde erst recht deutlich, nachdem ich durch Zusatz einiger Tropfen Salmiak, Ammoniak, welches keine Verbindung mit Kieselsäure eingeht, frei gemacht hatte. Bei 150° C war die Wirkung bedeutend stärker. Bei 222 0 C war die auflösende Kraft des Wassers so stark, dass ich das aufgelöste Alkali als Kali bestimmen konnte, welches mir doppelt wichtig schien, da das Gefäss mit Borax gelöthet worden war, und obgleich es vielfältig und unter hohem Druck ausgekocht worden war, doch ein Zweifel bleiben konnte, ob auch die alkalische Reaktion vom Borax herrühre.

Die nächste Aufgabe, die ich mir setzte war die Auffindung von den auflöslichen Theile des Feldspaths in der Natur. — Ich habe das Geiserwasser mit grösser Sorgfalt untersucht und die folgenden Resultate bekommen

0,453 englische Gran Gips

0,827 — — Schwefels. Natron mit etwas schwefels. Magnesia.

2,264 — — Kochsalz.

1,767 — — Natron — 0,451 Sauerstof.

5,506 — — Kieselerde = 2,834 Sauerstof.

Leider hatte ich nur eine einzige Flasche Wasser für diese Untersuchung und so habe ich wahrscheinlich, Kali und Thonerde, die sich in geringer Menge im Geisersinter finden übersehen. Seit einiger Zeit bin ich in Besitz von bedeutenden Qvantiteten Wasser von 5 heissen Qvellen Islands, und werde bald meine Versuche wiederhohlen können.

Während eines früheren Aufenthalts auf den Færöern habe ich die Opal- und Zeolithbildungen zum Gegenstand meines Studiums9) gemacht, und wurde mir schon damals, aus geognostischen Gründen wahrscheinlich, dass sie einer Zersetzung des Feldspaths ihren Ursprung verdanken. Über die Zeolithbildung erbitte ich mir die Freiheit Sie ein ändern Mal unterhalten zu dürfen, es wurde mir aber s. 7im Verlaufe dieser Untersuchungen iiber die kieselsauren Salze wahrscheinlich, dass jene ubersauren Salze, die das Wasser so viel stärker binden als die reine Kieselerde wohl identisch mit den Opalen sein miissen. Meine Untersuchung der Opale, die ich vermittelst Flussäure anstellte giebt das folgende Resultat. Nur ein ungarischer Opal war reines Kieselerde-Hydrat, alle iibrigen enthalten Basen, und zwar vorzugsweise Magnesia und Kali, so wie die Menge des Wassers sich in den Opalen nicht gleich bleibt, ist auch die Menge der Basen veränderlich, und in den selben Verhältnisse. Der Geisersinter ist ein Opal mit Kali und Magnesia Basis.

d. 14. März 1835.

Ich habe die Mitteilung der Papiere die Eure Hochwohlgeborne so giitig von mir verlangt haben und auch die Absendung dieses Briefes ausgesetzt um ein vollständiges Exemplar meiner Abhandlung, die ich an Poggendorff geschickt habe beilegen zu können, da ich diese indessen noch meines nicht bekommen habe, so iibergebe ich in diesen Tagen einige dänisch gedruckte Abhandlungen dem schwedischen General-Konsul zur gefälligen Besorgung.

Mit der grossten Hochachtung habe ich die Ehre zu sein

Eure Hochwohlgeborne ergebenst

G. Forchhammer.